Interview mit Lukas Schmitz, Nachhaltigkeitsmanager bei KEB Automation
Was ist eigentlich Nachhaltigkeit? Teils inflationär gebraucht, steckt hinter dem Begriff weit mehr als Umweltschutz. Lukas Schmitz, Nachhaltigkeitsmanager bei KEB, klärt im Interview auf, was genau sich dahinter verbirgt und zeigt auf, warum gerade Unternehmen eine besondere Verantwortung gegenüber Mensch und Natur tragen. Außerdem spricht er über die Maßnahmen, die KEB bereits ergriffen hat und erklärt, warum Antriebstechnik eine wichtige Rolle bei der Förderung von Nachhaltigkeit besitzt.
Wie sensibel ist der Maschinenbau Stand heute gegenüber dem Thema Nachhaltigkeit?
Lukas Schmitz: Die meisten Unternehmen sind sehr sensibel für das Thema. Und das hat mehrere Gründe: Zum einen achten die Kunden des Maschinenbauers verstärkt auf die Berücksichtigung nachhaltiger Standards. Zum anderen gibt es aber auch eine regulatorische Ebene, sprich Vorgaben durch den Gesetzgeber, die der Maschinenbauer zu erfüllen hat. Die regulatorische Spannweite ist groß und kann bei Nichtbeachtung schlimmstenfalls sogar zu Verkaufsverboten führen. Eine der größten Aufgaben für Unternehmen ist in diesem Zusammenhang die Erfassung von Daten zu Emissionen oder den eigenen Produkten. In Summe hat dies dazu geführt, dass zunehmend größere Investitionen in Maßnahmen fließen, die zur Erfüllung von Nachhaltigkeits-Auflagen beitragen.
Was verstehen Sie persönlich unter Nachhaltigkeit?
Für mich bedeutet Nachhaltigkeit, ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber Umwelt und Gesellschaft zu schaffen. Man sollte sich stets die Frage stellen, welchen Einfluss das eigene Verhalten auf die Umwelt hat. Und wenn man dabei zu der Erkenntnis kommt, dass sich Folgen ergeben, die man nicht beabsichtigt, dann muss man etwas an seinem Verhalten ändern. Nachhaltigkeit betrifft aber per Definition mehr als „nur“ Umweltthemen, denn unter anderem zählen auch soziale Aspekte dazu. Hier geht es um Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette, den Umgang mit Beschäftigten im Betrieb, sichere Bezahlung, Arbeitszeiten, Selbstbestimmung und vieles mehr. Die dritte Komponente von Nachhaltigkeit betrifft die Governance-Ebene, wozu unter anderem rechtmäßiges Handeln, ethisches Verhalten, unternehmerische Verantwortung und respektvoller Umgang gehören.
Welche Bedeutung kommt Unternehmen zu, wenn es um Umweltschutz geht? Und in welchen Unternehmensbereichen gibt es die größten Potenziale, Nachhaltigkeit zu fördern?
Grundsätzlich kann und sollte man Nachhaltigkeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstehen. Das heißt, es kommt sowohl auf das Verhalten von Privatpersonen als auch auf Bemühungen vonseiten der Unternehmen an. Unternehmen haben jedoch als Ort, an dem viele Menschen zusammenkommen eine Vorbildfunktion und gleichzeitig einen großen Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft. Es kann vorkommen, dass es Privatpersonen an leicht zugänglichen Informationen fehlt, um nachhaltige Entscheidungen treffen zu können. Auch hier sind Unternehmen gefordert, zum Beispiel Informationen preis zu geben, die es dem Endverbraucher leichter machen, das eigene Handeln gegebenenfalls anzupassen. Nachhaltigkeit lässt sich insbesondere deshalb gut durch Betriebe fördern, da sie langfristige Maßnahmen organisiert umsetzen können und es – je nach Unternehmensgröße – Stellschrauben gibt, die schnell große Effekte, wie das Einsparen von CO2 haben können.
Welche Bedeutung hat innerbetriebliche Aufklärungsarbeit in diesem Kontext?
Es ist sehr wichtig, dass alle Ebenen im Unternehmen an einem Strang ziehen – von der Geschäftsführung bis zum Mitarbeitenden. Möchte man für mehr Nachhaltigkeit sensibilisieren, muss man motivieren statt maßregeln. Eine offene Kommunikation mit der Belegschaft ist ein guter Weg, um beispielsweise auf Energiesparmöglichkeiten hinzuweisen, die sich einfach im Alltag umsetzen lassen. Darüber hinaus kann aber natürlich auch durch den Einsatz von nachhaltigen Materialien zum Beispiel in der Produktion etwas getan werden. Das kann bei kleinen Dingen wie Lappen beginnen, mit denen ressourcensparend umgegangen wird.
Wenn man über Nachhaltigkeit spricht, denkt man an E-Mobilität, erneuerbare Energien usw. – aber wie würden Sie die Rolle der Antriebs- und Automatisierungstechnik in diesem Gefüge beschreiben?
E-Mobilität und erneuerbare Energie sind gute Beispiele. KEB bietet mit dem modularen Wechselrichtersystem T6 APD eine Lösung, mit der sich Nebenaggregate in Fahrzeuge elektrifizieren lassen. Das leistet einen Beitrag innerhalb der Elektromobilität, wodurch sich CO2 einsparen lässt. Für Windkraftanlagen stellt KEB darüber hinaus die COMBIVERT P6 Pitch Drive Controller zur Verfügung, die für die richtige Ausrichtung der Rotorblätter zum Wind sicherstellen. Grundsätzlich tragen alle Drives von KEB durch die präzise und zuverlässige Drehzahlregelung zu einem effizienten und stromsparenden Betrieb von Maschinen und Anlagen bei. Spezielle Rückspeiseeinheiten von KEB ermöglichen die Rückführung von Bewegungsenergie in das System. Das sind Maßnahmen im Bereich der Antriebs- und Automatisierungstechnik, die auf jeden Fall zur Energiewende beitragen.
Wo zeigt sich bei KEB bereits heute nachhaltiges Handeln und Denken?
KEB hat ein Umwelt- und Energiemanagement etabliert und ist für beides entsprechend normiert worden. Wie bereits erwähnt, betrifft ein nicht unerheblicher Teil des Nachhaltigkeitsmanagements die Erfassung von Daten. Dafür entwickelt und integriert KEB ein neues System, welches die Steuerung von relevanten Kennzahlen für die Nachhaltigkeit ermöglicht. Da sich die KEB-Zentrale in einem Wasserschutzgebiet befindet, erfüllen wir zahlreiche regulatorische Anforderungen an den Naturschutz. In den Entscheidungsprozessen von Investitionsprojekten wie beispielsweise dem neuen Hochregallager werden unter anderem Emissionen berücksichtigt, deshalb wird hier künftig eine Photovoltaik-Anlage installiert. Und natürlich wurden auch Leuchtmittel durch energiesparende Lampen ausgetauscht. Unsere Service-Abteilung leistet darüber hinaus mit Angeboten wie „As good as new“ einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.
Welche weiteren Maßnahmen sind bei KEB diesbezüglich geplant?
KEB ist in puncto Nachhaltigkeit sehr gut aufgestellt. Dennoch planen wir, dass die Bürotürme saniert und mit modernen Wärmepumpen ausgestattet werden. Außerdem erstellen wir einen Nachhaltigkeitsbericht, in dem unter anderem eine effiziente Ressourcennutzung, die zunehmende Vermeidung von Abfällen und die Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen dokumentiert werden. Wir orientieren uns nach dem 1,5-Grad-Ziel und werden unsere Anstrengungen danach ausrichten. Unter sozialen Gesichtspunkten nehmen wir das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in den Blick, in dessen Fokus die Arbeitskräfte entlang unserer Wertschöpfungskette stehen. Dazu werden Lieferanten analysiert, um auch auf dieser Ebene für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen.