Was Sie jetzt über OPC UA in der Antriebstechnik wissen sollten
In fünf Punkten fasst Bodo Broszeit zusammen, welche Vorteile (und auch Herausforderungen) OPC UA für die Automatisierung der Zukunft birgt. Der Leiter Elektronik Entwicklung – Systemarchitektur bei KEB Automation ist darüber hinaus auch Mitglied in der OPC UA FLC (Field-Level-Communication) Arbeitsgruppe, die sich mit den Spezifikationen für OPC UA fähige Feldgeräte beschäftigt, sowie der OPC UA Motion Arbeitsgruppe, die sich mit der Spezifikation von Antriebssystemen befasst.
Die Vorteile von OPC UA in der Antriebs- und Automatisierungstechnik
Für Hersteller wie KEB Automation ergibt sich durch OPC UA die Chance, mittelfristig die Anzahl der zu pflegenden Kommunikationsprotokolle zu reduzieren. Die Produkte sind in einem breiten Spektrum von Anwendungen eingesetzt und unterstützen aktuell praktisch alle etablierten Feldbus- und Realtime-Ethernet-Kommunikationsprotokolle. Das erfordert einen erheblichen Aufwand sowohl in der Entwicklung als auch in Vertrieb und Service. OPC UA bietet hier eine – wenn auch ressourcenhungrige – Möglichkeit zur Vereinheitlichung. Zusätzlich ermöglicht der Einsatz in unseren Steuerungen und Drive Controllern eine einfache Einbindung in Multi-Vendor Systeme und die Möglichkeit, eigene Cloud Services zu den Geräten anbieten zu können.
Mehrstufiges und offenes Spezifikationskonzept
Aufbauend auf den OPC UA Spezifikationen werden im Rahmen verschiedener Arbeitsgruppen der OPC FLC Initiative, Erweiterungen für die Verwendung von OPC UA in Bereichen definiert, die bisher proprietären Feldbussystemen vorbehalten waren. Zusätzlich werden in diesen Arbeitsgruppen auch Profile für verschiedene Komponenten, wie Antriebssteller, IO’s, etc. erarbeitet. Hierauf bauen verschiedene Companion Specifications (CS) auf. Sie entstehen häufig in Joint Working Groups aus OPC Foundation und anderen Organisationen, zum Beispiel dem VDMA. CS legen Informationsmodelle für Maschinen, Geräte oder Applikationen fest. Das ist ein großer Vorteil, da produktspezifisches Know-how der Hersteller beziehungsweise Anwender einbezogen werden kann. Die Kooperation mit der OPC Foundation stellt sicher, das bereits bestehende CS berücksichtigt werden. Die „Powertrain System“ CS beschreibt um Beispiel eine Antriebsachse mit Hilfe eines flexiblen Asset Modells. Es enthält Eigenschaften der Komponenten wie Antriebsregler, Motor, Getriebe, EMV-Filter sowie ein funktionales Modell, das das Verhalten der Antriebsachse beschreibt. Dieses Modell spezifiziert zusätzliche Funktionalitäten, die über die Motion Specification der OPC Foundation hinausgeht.
Migration von aktuellen Feldbussen zu OPC UA und TSN
OPC UA in Kombination mit TSN (Time-Sensitive Networking) soll gleiche oder bessere Performance als bestehende Feldbussysteme ermöglichen. Es gibt Anwendungen, in den die technischen Vorteile von OPC UA nicht maßgeblich zur Verbesserung beitragen, allerdings ergeben sich aus dem Einsatz von Ethernet-Technologie und Standardprotokollen eine Reihe von zusätzlichen Möglichkeiten, gerade bei der Einbindung in weitere Netzwerke. Anwendungen, die diese Option nicht benötigen oder sie über Gateways bereitstellen, werden sicher in Teilbereichen noch über einen langen Zeitraum proprietäre Feldbussysteme einsetzen. Bei der Einführung von OPC UA werden solche Brown-Field Szenarien die Regel sein. Die Umstellung aller in einem System verwendeten Feldbusse auf OPC UA in einem Schritt ist ein eher unwahrscheinliches Szenario.
Hohe Anforderungen an die Kombination aus OPC UA und TSN
Technisch ist OPC UA/TSN sicher geeignet, auch harte Echtzeit Anforderungen zu erfüllen. Allerdings werden in den Geräten hierzu erheblich mehr Ressourcen benötigt, als bei bestehenden Lösungen. Die transparente Einbindung gerade einfacher und damit preissensitiver Komponenten in ein OPC UA/TSN Netzwerk ist sicher noch eine Herausforderung. Es ermöglicht aber die einfache Koexistenz von Realtime und Nicht-Realtime Anwendungen in einem Netzwerk. Die Herausforderung liegt in der Konfiguration und Administration. OPC UA/TSN bietet ein performantes, echtzeitfähiges Kommunikationssystem mit vielen zusätzlichen Eigenschaften, wie zum Beispiel der Integration von Security, erfordert aber auch erhebliches Know-how in der Anwendung.
Interoperabilität verschiedener Geräte in IIoT-Anwendungen
Auch bestehende Lösungen auf Basis proprietärer Feldbusse bieten die Anbindung von Geräten an Cloud-Applikationen. Allerdings ist hierzu in der Regel ein Gateway erforderlich, das die Daten für die IIoT-Anwendung aufbereitet. Sollen zusätzliche Daten übermittelt werden, ist dieses Gateway erneut zu programmieren oder zu konfigurieren. Das bedeutet einen Eingriff in das System. Mit OPC UA können – dank einer durchgängigen Protokollfamilie vom Sensor bis zur Cloud – Cloudservices einfach durch Berechtigungen auf einem bestehenden System genutzt werden. Dies ermöglicht IIoT-Services unabhängig von den Details des Systems. So erreichen wir einen ganz neuen Level an Interoperabilität. Geräte können nicht nur miteinander kommunizieren, Anwendungen wissen auch um die Bedeutung der Daten.